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Gedanken zum Jahreswechsel 2022/2023

Mit Mut und Zuversicht in das neue Jahr gehen

Das Jahr 2022 neigt sich zu Ende. Hinter uns liegen zwölf Monate, die uns sicherlich in einer kaum bisher gekannten Weise gefordert haben. Der Anfang des Jahres war noch stark geprägt von der Corona-Pandemie und den vielen damit verbundenen Einschränkungen. Und dann kam der 24.Februar mit dem völkerrechtswidrigen Einmarsch von Russland in die Ukraine. Nach den Worten von Bundeskanzler Olaf Scholz markiert dieser Tag „eine Zeitenwende“, denn er „bedroht unsere gesamte Nachkriegsordnung".   Kriege hat es nach 1945 immer gegeben. Nur, die waren bisher weit weg von uns. Diesmal ist es anders. Der Krieg in der Ukraine hat schmerzliche Auswirkungen auch in unserem Alltag. Steigende Inflation in einem seit langem nicht mehr gekannten Ausmaß, Energieknappheit, die Sorge, wie wir durch den Winter kommen: wir sind alle davon betroffen. 

Wir wissen nicht, wie lange dieser Krieg noch dauert; wir wissen nicht, welche Folgen er noch haben wird, was alles noch auf uns zukommt. Wir wissen nicht, was uns das neue Jahr 2023 bringen wird. Kein Wunder, dass viele Menschen in unserem Land die Zuversicht verlieren. Nach Angaben des Hamburger Zukunftsforschers Horst Opaschowski glauben aktuell nur wenige Menschen in Deutschland an ein glückliches neues Jahr. Er spricht von einem „Absturz der Zuversicht.“


Vom großen Philosophen Immanuel Kant stammt der Satz: „Auch in schwierigsten Zeiten gibt es eine Pflicht zur Zuversicht“. 

Die Zuversicht nicht verlieren, ja mit Zuversicht in das neue Jahr gehen, das ist auch für mich das Gebot der Stunde. Was gibt uns Halt und Zuversicht angesichts der Bedrohungen und der Krisen, die wir zu bewältigen haben? 


Da möchte ich zunächst auf das Potential des Guten hinweisen, das Gott in jeden Menschen hineingelegt hat. Wenn die Bibel sagt, „Gott schuf den Menschen als sein Abbild“, und „Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war sehr gut“, dann bedeutet dies für mich: im Menschen steckt ein guter Kern, der nicht zerstört werden kann. Die Sehnsucht nach Freiheit, die Sehnsucht nach Frieden kann durch keine Macht auf dieser Erde ausgelöscht werden. 


Rückschau und Sich-Erinnern! Auch daraus kann man Halt und Zuversicht schöpfen. Der dänische Philosoph und Theologe Sören Kierkegaard hat einmal gesagt: „Das Leben leben kann man nur vorwärts, das Leben verstehen nur rückwärts.“ In der Rückschau werden manche Zufälle in unserem Leben als Fügungen eines gütigen Gottes erkennbar. Aus solchen Erfahrungen kann man Hoffnung und Zuversicht schöpfen. Denn wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott, dessen Güte wir in der Vergangenheit erfahren haben, uns nicht im Stich lassen wird, auch dann nicht, wenn wir nichts mehr von seiner Nähe spüren können. 

Dass wir in einem Leben voller Bedrohungen und Krisen dennoch Halt und Rettung finden können, wird uns vom Evangelisten Markus in der Geschichte von der Stillung des Seesturms anschaulich dargestellt.  

Das Evangelium berichtet vermutlich von einem echten Erlebnis der Jünger. Obwohl sie erfahrene Fischer waren, sind sie doch angesichts des heftigen Sturmes, der plötzlich über sie hereinbrach, hilflos und wie gelähmt und wissen sich nicht anders zu helfen, als Jesus anzurufen: „Meister, kümmert es dich nicht, dass wir zugrunde gehen?“ Da stand er auf, drohte dem Wind und sagte zu dem See: „Schweig! Sei still!“  Und der Wind legte sich und es trat völlige Stille ein. Soweit das äußere Geschehen. Was sie uns sagen will, könnte man so zusammenfassen: „Damit müsst ihr rechnen. So etwas gibt es: Sturm auf dem See, Stürme des Lebens, Stürme in der Kirche...Christsein heißt nicht: Ihr bleibt bewahrt vor dem Sturm. Christsein heißt nur: Ihr seid im Sturm nicht allein! Was immer auch geschehen mag: Der Herr ist mit euch im Boot!“

Im Vertrauen auf Gottes Liebe und Fürsorge kann also der Mensch seine Bedrohungen und Ängste bewältigen. Wir dürfen dem Gott des Lebens trauen, „denn ist Gott für uns, wer ist dann gegen uns?“ (Röm 8,31b). Gott ist der Anker, an dem wir unser ganzes Leben festmachen können. Wie der Apostel Paulus dürfen auch wir die Gewissheit haben: „Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Gewalten der Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“ 

(Röm 8,38-39). Der Herr ist bei uns im Boot des Lebens, mit dem wir durch das Meer der Zeit ans Ufer der Ewigkeit fahren. Mit diesem Glauben werden wir die Zeit bestehen, in die uns Gott hineingestellt hat. Mit diesem Vertrauen können wir mit Mut und Zuversicht in das neue Jahr 2023 gehen.  


Karl Zirmer, Pfarrer, Pastoralraum AKK-Mainspitze